In Österreich auch Josefitag, in Deutschland früher Joseftag – ohne Genitiv-s, wie die Zürcher Josefwiese -, heute meist Josefstag: Das sind die volkstümlichen Bezeichnungen für das Hochfest St Joseph. Sepp hört man heute zwar seltener als Yussef, aber der heilige Joseph erfreut sich zumindest in der katholischen Kirche stark gestiegener Aufmerksamkeit. Die römische West-Kirche hat dem Vater von Jesus in den ersten Jahrhunderten keinerlei Beachtung geschenkt. Erstmals 1889 schrieb ein Papst einen Text über den eher unscheinbaren Josef, fleissiger Arbeiter und verschwiegener Ehemann. Das war Leo mit der Rückennummer XIII, der schrieb. Josef arbeitete weiter und wurde unter Handwerkern und christlichen Sozialisten zum Genossen. Am 1. Mai war seit 1856, als in Australien Streiks für den 8-Stunden-Tag durchgeführt wurden, in Arbeiterkreisen immer etwas los. Als Pius XII 1955 aufspielte, bestimmte die päpstliche Mannschaft den 1 Mai als Gedenktag Josef der Arbeiter. Im zweiten vatikanischen Konzil, 1962 bis 1965, als sich die katholische Kirche intensiv auf die 68er-Umwälzungen vorbereitete, wurde Josef zum Schutzpatron ernannt. Im 20. Jahrhundert eroberte der Bräutigam von Maria bei den Kirchennamen den zweiten Rang, nach seiner ihm durch den Erzengel Gabriel vorenthaltenen Verlobten. Vor bald vier Jahren war es dann soweit: Im Dekret der Kongregation für Gottesdienst und Sakramentenordnung vom 1. Mai 2013 wurde die Erwähnung des heiligen Josef (wieder ohne Genitiv-s) auch für die Hochgebete II bis IV verfügt.
In den Kindheitsgeschichten des Evangelisten Matthäus wird berichtet, dass Josef seine Verlobte Maria nicht „erkannte“ (heute: nicht mit ihr Liebe machte), bevor sie gebar. Andere Evangelisten berichten von Brüdern und Schwestern von Jesus, so dass es sich vielleicht um eine ziemlich normale Familie handelte. Doch die römische Kirche liebt die Konsequenz, mit der wir Menschen dem göttlichen Willen zu dienen haben: Maria war „gezwungen“ (ja, dieses Wort hat der Papst dafür gewählt) fortan als Jungfrau UND rechtliche Ehegattin des Josefs (hier passt das Genetiv-s) zu leben – mit Brüdern und Schwestern sei DAS gemeint, was heute Jugendliche aus dem Balkan damit ausdrücken. Und der Papst, wenn der liebevoll zur Christenheit spricht. Mitmenschen eben. Aus dieser Logik entsprang die Joesfsehe (jetzt zwingend mit Genitiv- und Genetiv-s): Wenn ein heterosexuelles Ehepaar aus Glaubensgründen keinen sexuellen Verkehr hat (katholisch: darauf verzichtet). Weil wir uns an der heiligen Familie orientieren sollen. Gott hat es vorgezeigt.
Maria hat sich damit auch einiges aufgeladen. Einige Quellen berichten, dass Maria schon immer damit liebäugelte, sich ganz Gott hinzugeben. Ob sie damit den Mann für genauso überflüssig hielt wie der Fisch sein geliebtes Velo, scheint unwahrscheinlich, da sie sich ja mit Josef verlobte. Das fand Gott wiederum interessant, so dass er den Erzengel Gabriel losschickte und ihr einflüstern liess, dass sie die Begattung durch den heiligen Geist erleben werde. Heilig, heilig, heilig, so das wie Massengesang tönende Mantra Gabriels, so die genitive Zuschreibung. Genial ohne Genital. Das Wunder der Menschwerdung, der Zeugung, der Geburt. Das Wunder Gott (katholisch: Menschwerdung des Wortes – hier mal ziemlich weit weg von der Gehorsamsmoral, eher sibyliinisch-philosophisch). Die Jungfräulichkeit Marias – zumindest vor der Geburt Jesu – ist auch den Muslimen sehr wichtig. Aber weniger auffällig als bei den Christen, im Islam geht es fast immer um Jungfrauen. Bei den Katholiken dreht sich alles um die eine, dafür um die immerwährende Jungfräulichkeit. Außerhalb der neutestamentlichen Quellen ist über die Eltern Jesu nichts bekannt. Ihre Existenz und die Namen Maria und Josef werden dennoch von der überwiegenden Mehrheit der Historiker als authentisch (mehr als faktisch!) angesehen. Sie gehören einfach zu uns, zu den Christen, den Mohammedanern und natürlich auch zu den Juden, die waren ja dabei. Nur das Geheimnis der Zeugung und der Elternschaft wird verschieden gelüftet. Maria ist Ikone für die Frau auf dem Weg der göttlichen Liebe und sie ist Idol für den Mann auf der Suche nach dem liebenden Gott – wenn möglich in weiblicher Gestalt. Gott hat sich da ganz schön in die Gender-Diskussion eingebracht. Natürlich mit dem Thema Sex.
Der Herrgott ist Sexist. Er stattet die Menschen mit Sexualorganen aus. «Wie unser Leben verläuft, hängt massgeblich von unseren Sexualorganen ab». Das ist der gottgewollte Skandal, gegen den Tamara F. rebelliert. Wir wollen gendergerechte Selbstbestimmung, obwohl es nachweislich schwierig ist, über das eigene Geschlecht Auskunft zu haben, wenn man dem anderen nicht begegnet. Und der Herrgott ist Macho. Er nimmt als erster die Jungfrau, beansprucht das ius primae noctis – die Engländer sagen „droit du seigneur“. Josef war schon etwas vor den Kopf gestossen, als seine Verlobte schwanger wurde. Ohne dass er sie erkannt hätte (aber sich sehnsüchtig darauf freute). Noch wusste, wer für die Vaterschaft geradestehen würde. Also entschied er sich, wie das seit jeher rechtens sowie gang und gäbe war, sie zu verlassen und sein Leben anderswo weiterzuführen. Doch da tauchte Erzengel Gabriel auf, der zuvor seiner Geliebten das Geheimnis des Erzeugers Heiliger Geist explizierte (jetzt hat meine linke Hand die Tendenz, nach rechts zu rutschen, genau um einen Anschlag auf meiner Computer-Tastatur) und ihr Einverständnis für den obersten Chef abholte. Der Erzengel Gabriel erschien ihm wahrscheinlich in weiblicher Gestalt. Bei Maria war er männliches Gegenüber. Im Mitelalter erst wechselte Gabriel in der katholischen Ikonographie zum weiblichen Geschlecht. Auf jeden Fall liess sich Josef – wir können ihn auch Sepp nennen – mit Gabriela ein. Sie haben sich erkannt. „Das habe ich mir gedacht“ meldet sich mein Handy, nachdem Federer das Tie-Break gewonnen hat. Wahrscheinlich die Siri-Funktion. Siri ist meine Maria im Handy. Aber das fehlende „a“, das penetrante „I“ halten meine Begeisterung mit Seilen und Leinen am Boden. Da muss ich wohl selber weiterdenken.
Sepp hat also zugestimmt. Machen wir so. Du heilige Mutter, ich ehelicher und rechtlicher Gatte. Mir werden einst Päpste auferlegen, der zweite Pilger auf dem Weg Gottes zu sein, nach Dir. Aber ich bleib hinter Dir, ich mag den Veilchengeruch Deiner Muschi (Computer: Fehlanzeige – Muschi ist im freigegebenen Thesaurus nicht aufgelistet). Na gut, ich wäre mit Maria auch zufrieden. Matthäus scheint der Chef der katholischen wie ökumenischen Bibelwortgläubigen zu sein. Und diese erklären Josef zu einem Mann ohne Männlichkeit, dem Prototyp des Gendermainstreamings jenseits quer durch die Geschlechtergrenzen. Eine ganz selbstbestimmte geschlechtliche Identität oder eine ganz selbstbestimmte sexuelle Orientierung ist wahrscheinlich eine Wixer-Idee, ein Ejakulat des Konstruiktivisimus. Die Elternschaft von Josef und Maria hat kaum Spuren hinterlassen. Ihr Erstgeborener hat eine Fangemeinde bewirtet, welche unbedingt an das Unmögliche glauben will. Wunder sind geschehen. Die Wucht der Geschichten wird zum religiösen Tsunami im eurasiatischem Raum. Der Petrusstuhl wandert ins politische Zentrum Rom. Politik und Religion lassen dort ihre Partnerschaft eintragen.
Tauft Eure heute geborenen Knaben Joseph! Schutzheiliger der Zimmerleute, der Jungfrrauen, der Sterbenden. Und der Eheleute. Marschiert für Joseph oder werdet Mitglied der Königlich-bayerischen Josefspartei. Leb Deinen Joseftag 🙂