Wer hätte das gedacht! Das kann nicht wahr sein! U-n-glaub-lich! Wem etwas Unerwartetes, Erstaunliches widerfährt, das eine schwer fassbare Verheissung aufleuchten lässt, im Nachhinein aber seine kausale und finale Notwendigkeit offenbart, dem geht das Wort Gott leicht über die Lippen. „Oh mein Gott“ ist eine geradezu logische psychische Reaktion auf das Erlebnis der Kontingenz als Stringenz. Im Moment der Ausrufung des Drei-Worte-Satzes wird das eben Widerfahrene als völlig unerwartet erlebt, auch wenn man zugestehen muss, dass es nicht als unmöglich ausgeschlossen werden konnte. Die Anrufung Gottes ist also eine natürliche Äusserung des Subjektes angesichts der ganzheitlichen Sinneserfahrung von modallogischer und ontologischer Qualität der Situation. Der Moment selbst erweist sich als typische Form des ontologischen und auch des natürlichen Gottesbeweises. Wer das Unmögliche als Wahrheit erfährt, dem entfährt das Wort Gott. Ein weiterer, nun nominaler Gottesbeweis.
Die Geschichte der Gottesbeweise ist seit dem 13. Jahrhundert geprägt durch das intellektuelle Bemühen einer ganzen Reihe von Theologen, die Logik von Airstoteles in die christliche Lehre zu integrieren. Die kirchliche Dogmatik jedoch schloss die philosophische Vernunft immer wieder aus, so dass Hegel an Gottes Statt den absoluten Geist setzte und Nietzsche schliesslich Gott für tot erklärte. Die scheinbar rationale Gottlosigkeit überliess den Menschen einem Vakuum, das sich rasch wieder mit metaphysischen Theorien und neuen Gottesbeweisen füllte. Kurt Gödel überführte den ontologischen Gottesbeweis in seine mathematische Modallogik, und siehe da, der Wahrheitsgehalt seiner Argumentationskette ist offensichtlich und unbestreitbar. 1970 gelang dank maschineller Rechenarbeit der Beweis, dass der Beweis korrekt ist. Wir verfügen also über mehrfach gesichertes Wissen, dass Gottes Existenz wahr ist. Selbst In der Physik taucht Gott wieder auf. Vor drei Jahren haben die Teilchenphysiker am CERN angeblich das Gottesteilchen gefunden. Der Name „Oh-mein-Gott-Teilchen“ wurde bereits 1991 beansprucht, als Astrophysiker in Utah meldeten, ein hochenergetisches Hochgeschwindigkeitsteilchen in der kosmischen Strahlung entdeckt zu haben. Das Oh-mein-Gott-Teilchen hinke der Lichtgeschwindigkeit nach einer Strecke von gut 9461 Milliarden von Kilometern gerade mal ein paar Nanometer hinterher.
Gödel selbst hat sich mehr für die axiomatische Methode der Beweisführung interessiert, die in zugespitzter Form dazu führt, dass so gut wie jede Aussage formal bewiesen werden kann. So muss man Gottesbeweise auch stehen lassen als wahre Aussagen über die Existenz Gottes. Jene Geister, welche diese Beweise kategorisch zurückweisen oder generell die Beweisbarkeit Gottes verneinen, gehen von der falschen Voraussetzung aus, dass Existenz als reales Prädikat auftritt. Gott existiert nicht in der Form „es gibt ihn“, sondern im Sinne „Gott ist“. Agnostiker sind also nicht nur feige (wie das ein Jesuit pointiert ausdrückte), weil sie vor existentiellen Fragen kapitulieren, sondern auch denkfaul. Allerdings ist seit Gödel auch klar, dass Gottesbeweise eine philosophische Spielerei sind, die man für gewöhnlich als Liebhaberei der Vernunft antrifft und betreibt.
OMG ist also Zeuge von Gottes Existenz, wird aber meist in nder Form eines Emoticons verwendet. Dafür braucht es kein graphisches Zeichen für Gott auf der Tastatur. Das Akronym OMG wird ja selten als Bestätigung von Gottes Existenz verschickt. Meist drückt OMG eher aus, dass man bisher die Existenz des Teufels für ausgeschlossen hielt, ihm aber soeben begegnet ist. Passend wäre allenfalls jenes Emoticon, das an Munchs Schrei erinnert: Augen weit aufgerissen, Kopf blau angelaufen, die Hände auf die eigenen Wangen und Ohren geklatscht. Das darf nicht wahr sein!
Oh mein Gott, dieser Himmel, wie komm ich da bloss rein! (Marteria)