Nach dem Mittagessen vom mit Fleisch angereicherten Salatbuffet noch ins Strassencafé. Der Sommer taucht die Stadt am Nachmittag in ein mediterranes Irgendwo, das Dasein ist ein leichtes Lüftchen über dem mare nostrum. Pfundweise verstreuter grüner Blütenstaub auf dem warmen Strassenbelag. Die Vögel hüpfen zutraulich und lüften ihr Gefieder. Fenster stehen offen. Die dagebliebenen Menschen sind etwas fremdartiger, augenfälliger. Adjektive schweben wie Vorboten zu Boden, vermischen sich mit der aufsteigenden Wärme der nominalen Radices. Es ist die Zeit der Konjunktoren.
Mein Protagonist schlendert durch die Strassen westwärts. Die Luft flirrt kaum wahrnehmbar. Ahnungen schweben lautlos über den Köpfen. Die Zeit wird luftgetrocknet. Spannungsgeladene Filmmusik und Liebesjubel aus dem Hinterhof linsen durch die Sonnenbrille. Das Lüftchen verheddert sich in der Sehnsucht. Drei vier Stufen hoch, die Tür zum Ladenlokal steht einladend offen. Der Raum ist gross, verschiedene Türen verrätseln Hinterzimmer. Warmes, dunkel gealtertes Holz. Seltsam geruchlos. Büffelgehörn an der Seitenwand. Die Spelunke um die Ecke heisst Holzschopf, aber das „s“ gehört nicht dazu und verblasst, das Hirn speichert Holzchopf und assoziert gleich das passende Winterthurer Bier dazu. Sind da Männerstimmen? In munterer Vorfreude, dass er sein aufgebauschtes Nackenhaar geschnitten bekommen wird, hängt der Protagonist seinen Sommerhut an das Geweih und lässt sich auf dem riesigen Frisörstuhl nieder, dessen Rückenlehne wie bei einem alten TV-Sessel weit zurück gestellt ist. Senkt sein Haupt ( – mein erster Coiffeur hiess Häuptli, d. Vf. – ) auf die geplüschte Nackenstütze und schliesst die Augen. Und denkt einen geschlossenen Augenblick an seine Dentalhygienikerin, die am gleichen Tag wie er geboren wurde und seiner Zwillingsschwester gleichkommt.
Die Männerstimmen sind nun deutlicher zu hören, ohne aber verständlich zu werden. Eine Hinterzimmertür öffnet sich, ohne dass das Augeninnenlicht sich verändert. Schritte, die Stimmen verlieren sich ins Freie. Die Tür steht weiter weit offen. Es würde ihr gut anstehen, sich ein bisschen hin und her zu bewegen, ganz sachte. Kühlendes Haarwasser auf der Kopfhaut, eine gedankenaufklärende Hirnfriction. Der langsam drehende Deckenventilator erinnert an ein einmotoriges Propellerflugzeug mit Aschenbechern in der Armlehne der Hintersitze. Draussen pedalt ein Turbanträger seine Gelati-Rikscha von dannen. Dickflüssiger Espresso, voller Palermo. Ein Glas Wasser, aussen beschlagen und verperlt vor lauter kühler Frische. Feuchte Lichttentakel, fleischfarbene Schatten.
Ich schlage die Augen auf. Immer noch auf dem Rücken auf meinem Bett. Der Nachmittag ist vorbei. Eigentlich wollte ich noch bei Diana reinschauen, mir die Nackenhaare schneiden lassen.